Einige meiner weiteren Arbeiten


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eine allee eine ratte im sonnenlicht es ist alles hier drin ich klopfe auf meine kamera die ganze magie vergangener zeiten direkt vor meinen augen vor meiner eigenen hintertür das säugetier ist selektiv und erfinderisch in seiner lebensführung auch die schwächsten stimmen des körpers werden gehört warum langweile ich mich weil ich nicht sehen kann was ich direkt vor augen habe in momenten großer innerer transparenz und ausgeglichenheit meine ich das geisterhaft schnelle strömen von bisher unartikulierten ideen zu spüren und warum kann ich nicht sehen was ich direkt vor augen habe zwischen mein auge und das objekt fällt der schatten und dieser schatten ist das vorher aufgenommene wort das herz die lunge hören auf das bedürfnis nach frischer luft ruhe und nach abkehr angenommen ich komme her um die spießer in der provinz zu sehen nun dann sehe ich auch bloß das ich komme aber um zu sehen was ich sehe und das steht auf einem anderen blatt das bedürfnis nach abkehr von gewohnheiten die zu viele verwicklungen haben entstehen lassen ist verständliche notwendigkeit jede handlung dient einem momentanen bedürfnis oder einer notwendigkeit sonst ist es eine einstellung beziehungsweise angewohnheit geh mit offenen augen um den block und du kannst einen roman schreiben über das was du gesehen hast dunst und ein rosa sonnenaufgang über dem fluß.

Dieser Text ist hervorgegangen aus Arbeiten von Burroughs und Mc Clure, denen ich ebenso danke wie den Freunden und Bekannten , aus deren Fundus von Fotografien ich schöpfen durfte.




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AQUARELLE

Blumenaquarelle, Landschaftsaquarelle, nette Tierbilder, farbenfrohe, gestische Abstraktionen. Alles Dinge, die mich abschreckten, mich an Aquarelle zu machen. Bis ich auf einem Flohmarkt Stapel von Zeitschriften aus den fünfziger Jahren fand. Sie haben Titel wie POPULÄRE MECHANIK oder KOSMOS. Neben Texten und Grafiken zur Erklärung von naturwissenschaftlich-technischen Problemen beinhalten sie auch Fotografien von lächelnden, adrett gekleideten Hausfrauen und von Männern bei ernsten, oft unerklärlichen Handlungen. Ich wollte herausfinden, an was diese Männer so verbissen hingen, versuchte mir die Zeit in Farbe vorzustellen, was mir ebenso schwer schien. Falsch wie die Farbfilme aus der Zeit des Dritten Reichs. Und doch hatten diese Menschen in einer farbigen Welt gelebt. Wo diese Handlungen stattfanden, interessiert mich heute nicht, mich interessiert ausschließlich das Absurde ihrer Beweggründe. Die Aquarelltechnik bot sich mir an.




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SEIFEN

Seife, die, 1) ein Waschmittel. Sie wird aus tierischen und pflanzlichen Fetten (Knochenfett, Tran, Talg, Leinöl, Kokosfett, u. a.) hergestellt, die mit Natron- oder Kalilauge gekocht werden. Chemisch ist die Seife ein in Wasser lösliches Salz der Fettsäure. Die Natronseife ist hart (Kernseife; die Kaliseife weich (Schmierseife). Die beste Seife ist die Kernseife. Aus der Unterlauge, die bei der Herstellung der Kernseife zurückbleibt, gewinnt man das Glycerin. Die Toiletteseife enthält Farb - und Riechstoffe. Der Verbrauch von Seife gilt oft als Maßstab für die Kultur (besser "Zivilisation") eines Landes. 2) Schicht der Lagerstätte aus Sand, Lehm, Geröll, die Erzkörner enthält. "An meine Haut lasse ich nur Wasser und CD." Und weil ihr Duft mir Erinnerungen weckt und sich aus ihr mit einem einfachen Taschenmesser Figuren schnitzen lassen. Schnell kristallisieren sie sich heraus, und schnell verschwinden sie wieder, wenn sie mit Wasser in Berührung kommen. Sie bestehen nur so lange, wie sie bewußt geschützt werden, ihr Rahmen aufrechterhalten wird. Sie geben nicht vor ihre ihnen einmal gegebene Form über die Lebenszeit des Schöpfers hinaus beizubehalten. Ihre Form ist das Produkt von Schöpfer und Bewahrer. Verändern sich die Variablen dieser Gleichung, bleibt nichts, oder mit Glück und/oder Zufall nur die Idee von der Figur. Dieses Vielleicht, dieser Funke der Möglichkeit eines Neuanfangs, könnte dazu geführt haben, daß die Figuren sich in die Gestalten von Embryos drängen.




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SANDSTEINE

In einem Park hatte man eine Mauer eingerissen. Beim Spaziergang an einem langweiligen Sonntag sah ich ihre roten Bruchstücke auf der Wiese liegen. An Rot dachte ich aber erst später, nachdem ich wußte, daß Essen sich um roten Sandstein handelte. Zunächst dachte ich an die Farbe von Fleisch: zartes Kalb, Rippchen. Die fleischigsten Steine nahm ich gleich mit und deponierte sie in einer Ecke meines Ateliers. Verderben würden sie mir dort nicht. Wochen später kaufte ich mir ein Kasseler Stilrippchen zum Mittagessen. Der Steinhaufen drängte in meinen Blickwinkel. Ich verschob das Mittagessen, besorgte mir Hammer, Meißel und Feile und schlug das Rippchen in Stein .In den folgenden Tagen entstanden so ein Rippchen, ein Brathähnchen, eine Brustwarze und eine Zunge.




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NEGATIVÜBERZEICHNUNGEN

Schon beim Einlegen mancher Filme in den Fotoapparat ist klar: der wird nichts. Diese Ahnung wird man auch nicht los beim Fotografieren selbst. Und spätestens beim Bezahlen von 3,75 DM für die Negativentwicklung steht fest: der Film ist unterbelichtet, weil er entweder falsch eingelegt war oder, oder,... Das einzige, was zum Anschauen bleibt, ist das schiere, rötlichbraune Filmmaterial. Genau solches ist unter ein Zeichenblatt geraten, das ich in Arbeit hatte. Der Stift hinterläßt auf den Negativen seine Spuren. Dies führe ich bewußt weiter und lasse von den Negativen Abzüge herstellen. Eine unbekannte Welt öffnet sich: neongrüne Lichtbahnen schlängeln sich durch einen weiten, dunkelolivgrünen Raum - als blicke man mit einer Taucherbrille in das Wasser eines veralgten Baggersees hinab.




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Version vom 22. September 1996/Sven Buchholz (buchholz@preisler.de), © Andre Hornischer/Preisler & Partner